Wagenkirche: Ein Licht zum Advent

Mensch, in 36 Tagen ist schon wieder Silvester. Die Zeit geht ab wie die Post. Ich hab noch gar keine Kracher.

Du bist vielleicht ein Kracher. Mach langsam, jetzt ist erst mal 1. Advent. Und da soll es ein wenig ruhiger zugehen. Aber so wie du klingst, haut das bei dir nicht ganz so hin.

Na ja, da geht mir`s doch wie vielen. Die mögen jetzt auch schon keine Lebkuchen mehr und spätestens nach der nächsten Woche wird’s beim Glühwein auch schon schwierig.

Also ich versuch schon, die Adventszeit ruhiger anzugehen. Schließlich geht´s um die Zeit vor dem Fest der Menschwerdung Gottes. Ich mach da einiges mit meinen Kindern und auch sonst ist das ganze etwas ruhiger.

Naja, ich sag es nicht laut, aber ich mag`s ja auch, wenns draussen kalt ist und drinnen schön warm. Dann genieße ich schon mal einen guten Tee und was Süsses. Das gehört für mich dazu.

Für mich ist etwas ganz Wichtiges das Licht. Ich mag´s, wenn die Stadt mit vielen Lichtern erleuchtet ist. Aber leider hab ich manchmal den Eindruck, dass die Erleuchtung bei den Menschen nicht so richtig vorankommt.

Deshalb haben wir ja heute auch ein Licht für die Leute mitgebracht. Vielleicht geht ihnen ein Licht auf, wenn sie es anzünden sowieso. Und wenn sie das lesen, was auf dem Zettel steht, dann vielleicht auch.

Dann ist das Licht heute sozusagen das fünfte Adventslicht. Heuer funktioniert es nämlich, der alte Spruch: Advent, Advent ein Lichtlein brennt, erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht das Christkind vor der Tür. Doch wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast Weihnachten du verpennt. Heuer nicht. Heuer brennt es am Weihnachtstag.

Deshalb wünschen wir ihnen heute, dass sie diese Zeit genießen, zur Ruhe kommen und nicht vor lauter Vorbereitungen vergessen, sich selbst vorzubereiten. Zünden sie ein Licht an, damit ihnen ein Licht aufgeht. Einen gesegneten 1. Advent

Wagenkirche: Jede Menge Spaß mit Petrus

Wagenkirche am 18.11.11

So, bald können wir wieder Kerzen anzünden am Adventskranz und so. Eine Woche noch. Aber vorher ist ja nochmal ein ziemlich ernster Sonntag.

Du meinst den Totensonntag, oder?

Ja. Aber bei uns Evangelischen hat der einen viel schöneren Namen. Ewigkeitssonntag. Da geht's nicht nur drum, dass wir Menschen vermissen, die schon gestorben sind. Sondern darum, dass wir auf ein ewiges Leben hoffen.

Fragt sich, wie das aussieht, das ewige Leben. Ob wir da dann auch jeden Freitag mit der Wagenkirche rumziehen?

Eurokrise, Teufel und das Reich Gottes

Predigt am drittletzten Sonntag im Kirchenjahr 2011

Schonungen, 6.11.2011

Text: Lk 11, 14-23
Und er trieb einen bösen Geist aus, der war stumm. Und es geschah, als der Geist ausfuhr, da redete der Stumme. Und die Menge verwunderte sich. Einige aber unter ihnen sprachen: Er treibt die bösen Geister aus durch Beelzebul, ihren Obersten. Andere aber versuchten ihn und forderten von ihm ein Zeichen vom Himmel. Er aber erkannte ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet, und ein Haus fällt über das andre. Ist aber der Satan auch mit sich selbst uneins, wie kann sein Reich bestehen? Denn ihr sagt, ich treibe die bösen Geister aus durch Beelzebul. Wenn aber ich die bösen Geister durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein. Wenn ich aber durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen. Wenn ein Starker gewappnet seinen Palast bewacht, so bleibt, was er hat, in Frieden. Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn, so nimmt er ihm seine Rüstung, auf die er sich verließ, und verteilt die Beute. Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.

Liebe Gemeinde!

Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, als Sie diesen Predigttext gehört haben. Ich bin in Gedanken erst einmal an den Sätzen über das Reich, das mit sich selbst uneinig ist, hängen geblieben. Und musste natürlich an Europa und die aktuellen Probleme in der Eurozone denken. Ja: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet, und ein Haus fällt über das andere. Hoffen wir mal, dass es nicht so weit kommt, dass Europa verwüstet wird, das vermutlich nicht. Aber dass die Uneinigkeit der Politiker dazu führt, dass Europa in große Schwierigkeiten gerät: Das auf jeden Fall.

Nun nimmt ja Jesus aber dieses Beispiel nicht für etwas „Gutes“, das vernichtet wird. Leider muss ich Ihnen sagen: Nicht nur in Europa ist zur Zeit alles ziemlich kompliziert, sondern auch in unserem heutigen Predigttext. Also fangen wir von vorne an. Jesus heilt einen stummen Menschen, der fängt wieder an zu reden. Schön! Freuen könnte man sich darüber. Es geht ihm gut! Er kann wieder sprechen! Aber nein, so sind wir Menschen nicht. „Zauberei!“ schreien einige. „Der muss mit dem Teufel im Bund sein!“ Anscheinend trauen sie dem Teufel mehr zu als Gott. Seltsam. Und mit dem Beispiel, das Jesus nun bringt, von dem Reich, das mit sich selbst uneinig ist, führt Jesus ihnen vor, wie unsinnig das ist. Egal, was hinter dieser Heilung steht – freuen können sie sich auf jeden Fall. Wenn Jesus tatsächlich den Teufel mit Beelzebul austreiben soilte, können sie sich freuen, denn das heißt ja: Das Reich des Teufels ist mit sich selbst uneins und dadurch gewaltig geschwächt. Die Aktien des Teufels fallen ins Bodenlose. Er ist pleite. Ist doch super.

Der nächste Satz von Jesus ist ein wenig rätselhaft, das gebe ich zu: „Wenn aber ich die bösen Geister durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein.“ Offenbar gab es zur Zeit Jesu noch mehr Menschen, die heilten und „Geister austrieben“, wie man das damals nannte. Aber eigentlich ist das für unseren Text auch gar nicht so wichtig. Jesus sagt nämlich weiter: Wenn ich nicht durch Beelzebul die Geister austreibe, dann muss es doch wohl in Gottes Auftrag sein – und dann ist das Reich Gottes zu euch gekommen. Hier ist es, da, wo ich bin! Ein Zeichen vom Himmel fordert ihr? Hier ist das Zeichen – ich bin es selbst! Schaut euch doch um: Lahme gehen, Blinde sehen, den Armen wird das Evangelium gepredigt. Hier, wo ich bin, da ist das Reich Gottes! Und das heißt dann auch: Dieses Reich des Teufels, von dem ihr immer redet: Das hat nicht gut Lachen. Denn Gott ist der Stärkere. Sein Reich ist angebrochen. Das Ende des Reichs des Bösen ist nahe.

Bleiben für uns noch zwei Fragen zu klären: Die eine: Gibt es den Teufel überhaupt? Und die andere: Wenn Gottes Reich schon damals angebrochen ist, warum merken wir auch 2000 Jahre später so wenig davon?

Erst einmal zum Teufel. Die Bibel redet davon so selbstverständlich, wie sie auch etwa von bösen Geistern redet, die Menschen befallen. In der damaligen Vorstellungswelt war das etwas völlig Logisches. Für uns scheint es irgendwie weit hergeholt. Wir tun uns ja manchmal schon schwer mit der Frage, ob Gott überhaupt existiert. Auf der anderen Seite: Das Interesse an Engeln ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Gute, himmlische Mächte, die ein Auge auf uns haben: Ja, das sehen wir gerne. Ganz ganz viele Eltern suchen für ihre Kinder den Taufspruch aus: „Er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen“. Aber böse Mächte? Da sträuben wir uns irgendwie. Das können wir nicht so annehmen.

Vielleicht müssen wir das ja auch nicht. Der „Teufel“ muss nicht unbedingt eine Person sein. Aber dass es das Böse gibt, das müssen wir zugeben. Und dass es eine ganz eigene Dynamik entwickeln kann, wissen wir alle. Wer hat sich nicht schon mal in einem ganzen Gebilde von Lügen verstrickt – ein ganz einfaches Beispiel. Viele Dinge sind aber viel komplexer und gar nicht so leicht zu durchschauen. Wir kaufen billige Klamotten im Angebot, weil wir uns ja die teuren Sachen gar nicht leisten können. Und irgendwie im Hinterkopf wissen wir schon, dass jemand anderes auf der Welt den Preis dafür bezahlt. Wenn wir ein T-Shirt für 4,95 kaufen, dann bedeutet das: Baumwollpflückerinnen in Indien, die für einen Hungerlohn 12 Stunden und mehr arbeiten und von den Pestiziden krank werden. Näherinnen, denen es nicht besser geht. Wenn wir E10 tanken in der guten Absicht, einen höheren Anteil Biosprit zu verwenden, kurbeln wir damit die Spekulation mit den Getreidepreisen an. Und irgendwo anders auf der Welt kann sich jemand das lebensnotwendige Getreide nicht mehr leisten und verhungert.

Sachzwänge, sagen wir gern. Die halten uns gefangen. Sie entwickeln fast schon so etwas wie eine eigene Persönlichkeit. Der Teufel? Ja, ich denke, so kann man das auch nennen.
Aber eigentlich dachte ich, dieser Teufel wäre mittlerweile besiegt. Sagt Jesus doch. Also unsere zweite Frage: Warum wird es nicht besser auf der Welt? War Jesus nur so eine Art Demoversion vom Reich Gottes? Hat er überhaupt etwas verändert?

Ja und nein. Ja: Er hat etwas verändert. Und nein: Es war doch erst einmal nur örtlich begrenzt. Wie viele hat er wohl geheilt? Lassen wir es ruhig 1000 Menschen sein. Und wie viele hätten seiner Heilung bedurft? Hunderttausende? Millionen? Wie viele bräuchten heute seine Heilung? Eher Milliarden, die auf ein menschenwürdiges Leben hoffen und denen es die teuflischen Lebensumstände nicht erlauben.

Also: Wo ist das Reich Gottes? Die Antwort darauf ist auch nicht so einfach, und irgendwie ist sie es doch: Es ist mitten unter uns. Da, wo wir es zulassen. Da, wo wir uns gegen die Einflüsse des Teufels stemmen, ob wir ihn nun als Person ansehen oder eher als etwas Abstraktes. Da, wo wir uns für eine gerechtere Welt einsetzen. Da, wo wir aufeinander achten. Da, wo wir Jesu Botschaft von Gottes Liebe weiterverbreiten. Zugegeben: Auch die Kirche hat da in den letzten 2000 Jahren manches falsch gemacht. Statt Liebe und Gerechtigkeit hat sie oft Macht, Angst und Unterdrückung verbreitet. Aber ich glaube: Wir sind heute auf einem guten Weg. Das Reich Gottes ist unter uns. Aber es ist nicht nicht vollkommen da. Das wird es erst am Ende der Welt sein. Auch, wenn das noch Tausende oder gar Milliarden von Jahren dauern sollte. Bis dahin lassen Sie uns daran arbeiten, dass es sichtbar wird unter uns.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Wagenkirche: Bedenke, Staub, dass du Mensch bist!

Wagenkirche 04.11.2011

Na, was hast du denn in den letzten Tagen gemacht?

Naja, ich war bei unserem Familiengrab, Hab Allerheiligen und Allerseelen gefeiert. Nach dem Motto: "Bedenke, Staub, dass du Mensch bist!"

Hä, falscher Spruch. Andersrum wird ein Schuh draus.

Naja, recht hast du schon. Aber so seltsam diese Formel beim ersten Hören auch klingt – sie zeigt eine tiefe Wahrheit. Bedenke, du zerbrechliches Wesen, dass du Gottes Ebenbild bist; dass du, obwohl du von der Erde genommen bist, göttlichen Atem in dir trägst; dass du viel mehr bist als der Staub, der von dir zurückbleibt.

Das heißt dann ja weiter: Bedenke, du vergängliches Wesen, dass Gott etwas mit deinem Leben vorhat; dass du eine Berufung hast – Talente und Begabungen, die du entfalten kannst.

Oder noch weiter: Bedenke, du endliches Wesen, dass du glauben, hoffen und lieben kannst; dass du Mitmensch sein kannst für andere – mit deiner Hilfsbereitschaft, mit deiner Güte, mit deiner Freundlichkeit. "Bedenke, Staub, dass du Mensch bist!"

Erst wenn uns diese Erkenntnis unter die Haut gegangen ist, kann uns auch die Umkehrung „Bedenke Mensch, dass du Staub bist.“ treffen: "Bedenke, Mensch, dass du Staub bist!"
Bedenke Mensch, dass die Zeit begrenzt ist, in der du deine Lebensaufgabe erfüllen kannst,
dass jetzt die Zeit und die Stunde ist, um Gutes zu tun und deinem Leben eine Tiefe zu geben.

Bedenke Mensch, dass du nicht alles vor dir herschieben kannst; dass heute der erste Tag vom Rest deines Lebens ist.

Wir wünschen Ihnen ein erfülltes Wochenende.

(mit Anregungen von http://www.gassenschmidt.de/ansprachen/a231.htm )

Wagenkirche: Dinos, Weltuntergang und Bibel (Version 2)

Ach ja, heute sollte doch laut Herrn Camping wieder mal die Welt untergehen. Als uns das eingefallen ist, haben wir es in unseren Wagenkirche-"Auftritt" gleich noch mit eingebaut. Wir hatten jedenfalls Spaß. Die ursprüngliche Fassung finden Sie hier.

Wagenkirche: Die Dinos und die Bibel

Wagenkirche am 21.10.2011

(Hier finden Sie noch eine "Spezialversion" mit Berücksichtigung des heutigen Weltuntergangs. Also, wir hatten jedenfalls Spaß. Klick!)

Hast du das gelesen, letzte Woche? In Kelheim haben sie ein komplettes Saurierskelett ausgegraben. Sogar ein paar Hautfetzen haben sie noch gefunden. Find ich ja echt cool, so was.

Zeig mal! Ja, das ist ja echt ein komplettes Skelett!

Kennste noch die Serie „Die Dinos“? Mit Earl, dem Baumschubser und mit dem Dinobaby? „Bin da, hab mich lieb, los mach schon!“

Nein...

Aber jetzt mal ernsthaft. Ich finde das wirklich einen großartigen Fund, dieses Skelett.

Nachhaltig leben

Predigt beim Schulanfangsgottesdienst der Landwirtschaftsschule Schweinfurt
Schweinfurt, 20.10.2011
Text: 1.Mose 2,15: Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.

Lieber Schülerinnen und Schüler der Landwirtschaftsschule, liebe Lehrerinnen und Lehrer!

Ein neues Schuljahr beginnt in diesen Tagen. Eine recht ungewöhnliche Schule ist das, in der Sie sich doch auch recht weitgehend in Ihrem Beruf spezialisieren. Auch wenn alles mit Landwirtschaft zu tun hat, werden Ihre Tätigkeiten später doch ziemlich verschieden sein. Eine gute Grundlage soll Ihnen der Schulbesuch hier geben – und möglichst sogar zum Meistertitel führen.

Occupy Kirche!

Rosel Eckstein  / pixelio.deEurokrise, Weltwirtschaftskrise, der Kapitaliusmus am Ende. Das sind die Nachrichten dieser Tage. Ob es noch einmal gelingen wird, das alte System zu retten? Möglicherweise. Aber ob das wirklich gut ist?

Seit vielen Jahren weisen kompetente Kritiker darauf hin, welche Ungerechtigkeit unser derzeitiges Weltwirtschaftssystem hervorruft. Die einen wissen gar nicht mehr, wohin mit ihrem Geld. Die anderen müssen zusehen, wie ihre Kinder verhungern, und können nichts, gar nichts, daran ändern.

Endlich wird aus dem Protest eine weltweite Bewegung. Occupy Wall Street war der Anfang. Es mag sein, dass die Forderungen der Menschen, die da auf die Straße gehen, viel zu unorganisiert und viel zu unterschiedlich sind. Es mag sein, dass manche der Forderungen auch gar nichts bringen oder alles nur noch schlimmer machen. Aber es ist ein Zeichen: So wie bisher, so wollen wir nicht mehr weitermachen. Nicht das Kapital ist das Wichtigste, sondern der Mensch. Wo das Kapital an erster Stelle steht, wird der Mensch nur noch zu einem Produktions- und Kostenfaktor. Und der ist dann möglichst klein zu halten. Unmenschliche Arbeitsbedingungen sind doch dann die logische Folge.

Nichts ist unmöglich

Predigt am 17. Sonntag nach Trinitatis 2011
Schweinfurt/Leopoldina-Krankenhaus, 16.10.2011
Schonungen, 17.10.2011


Text: Mk 9, 17-27
Einer aber aus der Menge antwortet: Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir, der hat einen sprachlosen Geist. Und wo er ihn erwischt, reißt er ihn; und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht mit den Zähnen und wird starr. Und ich habe mit deinen Jüngern geredet, dass sie ihn austreiben sollen, und sie konnten's nicht. Er aber antwortete ihnen und sprach: O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn her zu mir! Und sie brachten ihn zu ihm. Und sogleich, als ihn der Geist sah, riss er ihn. Und er fiel auf die Erde, wälzte sich und hatte Schaum vor dem Mund. Und Jesus fragte seinen Vater: Wie lange ist's, dass ihm das widerfährt? Er sprach: von Kind auf. Und oft hat er ihn ins Feuer und ins Wasser geworfen, dass er ihn umbrächte. Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns! Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst - alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben! Als nun Jesus sah, dass das Volk herbeilief, bedrohte er den unreinen Geist und sprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein! Da schrie er und riss ihn sehr und fuhr aus. Und der Knabe lag da wie tot, so dass die Menge sagte: Er ist tot. Jesus aber ergriff ihn bei der Hand und richtete ihn auf, und er stand auf. Und als er heimkam, fragten ihn seine Jünger für sich allein: Warum konnten wir ihn nicht austreiben? Und er sprach: Diese Art kann durch nichts ausfahren als durch Beten.

Liebe Gemeinde!

Ach, was wäre das schön, wenn Jesus jetzt hier wäre. Im Krankenhaus. Einmal durch alle Zimmer gehen, Hand auflegen, und schon sind sämtliche Ärzte, Krankenschwestern und was es da noch alles an Berufen gibt arbeitslos. Aber leider ist die Zeit, in der dieser außergewöhnliche Mensch durch die Gegend zog, schon zweitausend Jahre her. Und seine Jünger: Die haben's irgendwie nicht geschafft, es ihm nachzumachen. Das mit dem Heilen. Ich bin Pfarrer, einer der sozusagen Jesus nachfolgt. Aber auch ich kann das nicht: Jemanden nur durch Handauflegen und Gebet heilen. Ich kann vielleicht gut zuhören, vielleicht auch manches seelische Leid lindern. Aber einen Jungen von Epilepsie heilen wie hier oder einen Blinden oder Lahmen – nein, das kann ich nicht, und ich bin auch sehr skeptisch, wenn jemand von solchen „Wunderheilungen“ in unserer Zeit berichtet.

Auch im Kleinen kann ich auch nicht mehr als jeder andere, ob nun eiun Mensch an Gott glaubt oder nicht. Heute, gerade jetzt in dieser Minute, hat der Sohn einer Bekannten ein wichtiges Turnturnier. Ich kann auch nicht machen als Daumen drücken wie alle anderen auch. Aber vielleicht hilft es ihm ja zu wissen, dass andere an ihn denken. Vielleicht hilft es seiner Konzentration – aber mehr auch nicht.

Und doch sagt Jesus: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ Eine steile These. Hab ich dann zu wenig Glauben? Müsste ich nur vertrauen, und schon könnte ich wahre Wunder vollbringen? Sind wir dann vielleicht gar selber Schuld, wenn wir krank sind, weil wir einfach nur zu wenig vertrauen?

Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt, sagt Jesus. Ja, dieser Jesus hat immer wieder ziemlich steile Thesen in die Welt gesetzt. Bei manchen seiner Sätze muss man einfach gestehen: Für uns Menschen sind seine Ansprüche nicht erreichbar. Der vollkommene Mensch, den Jesus uns vor Augen geführt hat, der können wir nicht sein. Wir können nicht im tiefsten, vollen Vertrauen auf Gottes Gnade so leben, dass wir im Einklang mit allem sind. Wir können nicht jederzeit alles „gut“ machen. Wir können nicht anderen immer nur in Liebe und Respekt begegnen. So sind wir nicht. Jesus wird ja sogar regelrecht zornig darüber, dass wir Menschen das alles einfach nicht auf die Reihe kriegen: „O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen?“ - so schimpft er, bevor er den Jungen von seinem „Geist“ - wir würden heute natürlich sagen: Von seinen epileptischen Anfällen – heilt.

Wir Menschen sind nicht vollkommen. Wir können gar nicht so sein, wie Gott uns wollte. Wir leben in einer unvollkommenen Welt, sind verstrickt in Ungerechtigkeit, Unwahrheit, die Suche nach dem eigenen Vorteil. In Krankheit und, ja, in den Tod.

Heute/morgen ist unter anderem Welternährungstag. Wir wissen, wie gut es uns hier geht. Vielleicht haben Sie davon gehört: Allein von dem, was in Europa an unverdorbenen Nahrungsmitteln weggeworfen wird, könnte man den Hunger aller Menschen auf der Welt zweimal stillen. Heute ist auch unser Partnerschaftssonntag mit Brasilien. Vielleicht haben Sie schon davon gehört, wie schwer die Situation der Menschen dort ist. Vielleicht haben Sie schon von der segensreichen Arbeit der Kinderkrippe Bom Samaritano gehört, die Kindern einmal täglich ein warmes Essen gibt und außerdem eine Heimat, einen Grundstein für eine Ausbildung. Viele andere Straßenkinder in Brasilien haben das nicht.
Oder wenn wir auf die Weltwirtschaft sehen: Milliardenbeträge werden da im Moment hin- und her geschoben. Beträge, die wir uns gar nicht mehr vorstellen können, ich jedenfalls nicht. Hunderte von Milliarden werden in die Rettung von Banken gesteckt. Mag sein, dass das nötig ist. Aber: Gerade mal 6 Milliarden Dollar wären nötig, um allen Menschen eine Schulbildung zu ermöglichen. 9 Milliarden, damit alle sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen haben. Letzteres ist weniger, als die Europäer jedes Jahr für Eiscreme ausgeben.

Ja, unsere Welt ist krank. Unsere Welt ist ungerecht. Wir, die Menschheit als Ganzes, haben es nicht geschafft zu teilen. Zu vertrauen. Füreinander zu sorgen. Im Kleinen wie im Großen.

Darum können wir eigentlich nur eines: Darauf vertrauen, dass dieser liebende Gott uns annimmt, wie wir sind. Mit unseren Fehlern und Schwächen. Mit unseren Zweifeln und Ängsten. Mit unseren Krankheiten, Behinderungen und Gebrechen.

Gott ist es, der diese Verstrickung manchmal aufbricht. Der dem epileptischen Jungen ein normales Leben schenkt. Der dem Blinden neue Perspektiven zeigt. Der dem Lahmen neue Wege schenkt. Der die verkrümmte Frau wieder aufrichtet und sogar einen Toten wieder zum Leben erweckt. Aber: Warum diese Menschen damals – und nicht ich? Warum dürfen die Heilung erfahren und ich liege hier im Krankenhaus und weiß gar nicht, wie es weitergeht?

Liebe Gemeinde, wir werden wohl damit leben müssen, dass unsere Welt nicht vollkommen ist. Dass wir nicht vollkommen sind. Dass unsere Art zu leben Ungerechtigkeit hervorruft. Dass wir nicht in vollem Vertrauen auf Gott leben können. Aber wir können mit der Hoffnung leben, dass dieser liebende Gott, der damals heilend eingegriffen hat ins Leben dieser Menschen, dass dieser liebende Gott auch für uns eine Zukunft bereithält. Eines Tages. Dass er uns zu sich holt. In sein Reich, in dem es keine Krankheit, keine Schmerzen und auch keinen Tod gibt. Das jedenfalls hat uns Jesus versprochen.

Aber in der Zwischenzeit, bis es soweit ist, lassen Sie uns nicht einfach resignierend die Hände in den Schoß legen. Lassen Sie uns an dieser besseren, gerechteren, friedvolleren Welt arbeiten, wo wir es können. Auf der ganzen Welt sind heute Menschen gegen die Ungerechtigkeiten der Finanzmärkte auf die Straße gegangen und haben sich eingesetzt für mehr Gerechtigkeit in der Welt. Aber auch im Kleinen können wir vieles tun: Kranke besuchen. Mit unseren Mitteln heilen, was wir heilen können. Fair gehandelte Produkte unterstützen, wo es uns möglich ist. Oder einfach mal einem Jungen die Daumen drücken, weil es ihm gut tut.

Ich glaube, dass wir da noch viel bewegen können. Ein steiler Satz von Jesus ist es, den er hier gesagt hat. Aber er macht mir Mut: Alles ist möglich dem, der da glaubt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Wagenkirche: Wenn ihr nicht werthert wie die Kinder...

Wagenkirche am 14.10.2011

Weißt du, was mir in der letzten Zeit auffällt. Dass es scheinbar mehr Kinder gibt. Aber wem sag ich das. Du hast ja selbst dran mitgewirkt.

Ja klar. Für mich sind Kinder mit das Beste, was uns das Leben schenken kann.
Sag ich auch ja, obwohl meine ja schon weit weg und groß sind.

Aber trotzdem sind sie doch irgendwie da. Oder? Und wenn sie dann heimkommen, dann ist bei dir ja immer Feiertag.

Gott sei Dank leben unsere Kinder ja in einem kinderfreundlichen Land.

Ja, teilweise stimmt das. Und dann meckern doch wieder Leute über den Lärm vom benachbarten Spielplatz. Oder Familien mit vier Kindern kriegen nirgends eine Wohnung. Und was wir am Anfang vom Schuljahr für Schulmaterial, Arbeitsbücher, Kopiergeld und was weiß ich alles zahlen, da kann ein Single ne Woche in Urlaub fahren.

Naja, aber die Reden der Politiker machen anscheinend Mut. Oder werden die nur am Sonntag gehalten und am Montag gilt das nicht mehr?

So einfach mit den Kindern wie bei der Bonbonwerbung ist das nicht: „Das, was der Opa schon gegessen hat, das schenkt er auch seinem Enkel, deshalb Werthers Echte.“ Kinder haben ist heutzutage nicht immer einfach.

Naja, wenn du das als vierfacher Vater sagst, dann muss das wohl stimmen. Aber an was hältst du dich denn?

Ich erzähle eine Geschichte bei jeder Taufe. Da sagt Jesus:: Wenn ihr nicht werdet wie ein Kind, verfehlt ihr den Himmel. Kinder sind also nicht einfach Erwachsene im Rohzustand. Kind sein ist mehr. Neugierig und offen die Welt erleben. Staunen. Und einfach darauf vertrauen, dass jemand für mich da ist. So sollte Kindsein jedenfalls sein, finde ich.

Das heißt aber nicht, dass wir kindisch werden sollen. Eher im besten Sinn kindlich, weil wir uns aufgehoben wissen bei Gott und so die Welt gewinnen können.

Deshalb kann uns das Werthers Echte nicht nur einfach schmecken, sondern darauf hinweisen, geben wir unseren Kindern das Beste, unsere Liebe, dann blüht uns der Himmel. Und der schmeckst mindestens so süß wie diese Bonbons.